DIE SCHIZOIDEN PERSOENLICHKEITEN
>>AUF; LASS UNS
ANDERS WERDEN ALS DIE VIELEN; DIE
DA WIMMELN IN DEM ALLGEMEINEN HAUFEN<<
Wir
wollen uns nun den Persoenlichkeiten zuwenden, deren grundlegendes Problem
- von der seite der Angst aus gesehen - die Angst vor der Hingabe ist und
die zugleich - von der Seite der Grundimpulse her betrachtet -
den Impuls zur << Eigendrehung>> , das hiesse Psychologisch also
: zur Selbstbewahrung und Ich-Abgrenzung, ueberwertig leben.
Wir nennen sie die schizoiden Menschen.
Wir alle haben den Wunsch, ein unverwechselbares Individium zu sein. Wie sehr, merken wir etwa daran, wie empfindlich wir reagieren, wenn jemand unseren Namen verwechselt oder enststellt:
Wir wollen nicht beliebig austauschbar sein; Wir wollen das Bewußtsein unserer Einmaligkeit als Individium haben. Das Bestreben, uns von anderen zu unterscheiden, ist uns ebenso mitgegeben wie das dazu gegensaetzliche, als soziales Wesen zu Gruppen oder Kollektiven dazuzugehoeren. Wir wollen sowohl unseren persoenlichen Interessen leben duerfen, als wir auch in parnterschaftlichen Verbundenheit und mitmenschlicher Bezogenheit und Verantwortung stehen moechten. Wie wird es sich nun auswirken, wenn ein Mensch, die Hingabeseite vermeidend, vorwiegend die Selbstbewahrung zu leben versucht?
Sein Streben wird vor allem dahin gehen, so unabhaengig und autark wie moeglich zu werden. Auf niemanden angewiesen zu sein, niemanden zu brauchen, niemandem verpflichtet zu sein, ist ihm entscheidend wichtig. Deshalb distanziert er sich von den Mitmenschen, braucht er Abstand zu ihnen, laesst er sie sich nicht zu nahe kommen, laesst er sich nur begrenzt mit ihnen ein. Wird diese Distanz ueberschritten, empfindet er das als Bedrohung seines Lebensraumes, als Gefaehrdung seines Unabhaengigkeitsbeduerfnisses, seiner Intigritaet, und wehrt sich schroff dagegen. So entwickelt er die fuer ihn typische Angst vor mitmenschlicher Naehe. Nun laesst sich aber Naehe im Leben nicht vermeiden, und daher sucht er nach Schutzhaltungen, hinter denen er sich gegen sie abschirmen kann.
Er wird dann vor allem persoenlich-nahe Kontakte vermeiden, niemanden im Intimen an sich heranlassen. Er scheut Begegnungen mit einem Einzelnen, einem Partner, und versucht, menschliche Beziehungen zu versachlichen. Wenn er sich unter Menschen begibt, fuehlt er sich am wohlsten in Gruppen oder Kollektiven, wo er anonym bleiben kann, und doch ueber gemeinsame Interessen ein Dazugehoeren erlebt.Am liebsten hatte er die Tarnkappe des Maerchens verfuegbar, unter deren Schutz er unerkannt am Leben deranderen teilnehmen und in es eingreifen koennte, ohne etwas von sich preisgeben zu muessen.
Auf die Umwelt
wirken solche Menschen fern, kuehl, distanziert, schwer ansprechbar, unpersoenlich
bis kalt. Oft erscheinen sie seltsam, absonderlich, in ihren Reaktionen unverstaendlich
oder befremdend. Man kann sie lange kennen, ohne sie wirklich zu kennen. Hat
man heute zu ihnen scheinbar einen guten Kontakt gehabt,verhalten sie sich
morgen so , als haetten sie uns nie gesehn; Ja , je naeher sie uns gerade
gekommen waren , umso schroffer wenden sie sich ploetzlich von uns ab, uneinfuehlbar
, oft mit grundlos erscheinender Aggression oder Feindseligkeit, die verletzend
fuer uns ist.
Das vermeiden jeder vertraueten Naehe aus Angst vor dem Du, vor sich oeffnender
Hingabe, laesst den schizoiden Menschen mehr und mehr Isoliert und einsam
werden.
Seine Angst vor der Naehe wird besonders da kosteliert, wo jemand ihm oder
wo er jemandem zu nahe kommt.
Da Gefuehle der Zuneigung, der Sympathie, der Zaertlichkeit und Liebe uns
einenander am naechsten kommen lassen, erlebt ewr sie als besonders gefaehrlich.
Das erklaert, warum er gerade in solchen Situationen abweisend, ja feindlich
wird, den anderen aprubt zurueckstoesst : er schaltet sich ploetzlich ab,
bricht den Kontakt ab, zieht sich auf sich selbst zurueck und ist nicht mehr
zu erreichen.
Zwischen ihm und der Umwelt klafft dadurch eine breite Kontaktluecke die mit
den Jahren immer breiter wird und ihn mehr und mehr Isoliert.
Das hat nun immer problematischere Folgen. Durch die Ferne zur mitmenschlichen
Umwelt weiss er zuwenig von anderen; es entstehen zunehmend Luecken in der
Erfahrung,
ueber sie , und daraus Unsicherheiten im Mitmenschlichen Umgang.
So weiss er nie recht was im anderen vorgeht , denn das erfaehrt man , wenn
ueberhaupt, ja nur in vertrauter Naehe und liebender Zuwendung.
Daher ist er auf Vermuten und waehenen angewiesen in seiner mitmenschlichen
Orientierung, und deshalb wieder zutiefst unsicher, ob seine Eindruecke und
Vorstellungen von anderen,
ja schliesslich sogar ob seine Wahrnehmungen nur seine Einbildung und Projektion,
oder aber Wirklichkeit sind.
Ein Bild,
das wohl Schultz-Hencke zuerst in diesem Zusammenhang gebraucht hat fuer die
Schilderung der Weltbefindlichkeit dieser Menschen, soll das Gemeinte deutlicher
machen - wir haben diese Situation alle schon einmal erlebt: Wir sitzen in
einem Zug im Bahnhof; auf dem Nachbargleis steht ebenfalls ein Zug; ploetzlich
bemerken wir, daß einer der beiden Zuege sich bewegt. Da die Zuege heute
sehr sanft und fast unmerklich anfahren, haben wir keine Erschuetterung, kein
Ruck verspuert, so daß wir nur den optischen Eindruck einer Bewegung
feststellen . Wir vermoegen uns nun nicht gleich zu orientieren, welcher der
beiden Zuege faehrt, bis wir an einen feststehenden Gegenstand draussen zu
realisieren vermoegen, das etwa unser Zug noch steht, und der Nachbarzug sich
in Bewegung gesetzt hat, oder auch umgekehrt. Dises Bild kann uns sehr treffend
die innere Situation eines schizoiden Menschen deutlich machen. Er weiß
nie genau - in einen Ausmaß, das alle auch beim auch gesunden moegliche
Unsicherheit weit uebersteigt - ob das, was er fuehlt, wahrnimmt, denkt oder
vorstellt, nur in ihn selbst existiert oder auch draussen. Durch seinen lockeren
Kontakt zu mitmenschlichen Welt fehlt ihn die Orientierungsmoeglichlkeit in
ihr, und so schwankt er in der Beurteilung seiner Erlebnisse und Eindruecke
zwischen dem Zweifel, ob er sie als Wirklichkeit hinaus verlegen kann, oder
ob sie nur seine " Einbildung" sind, nur seiner Innenwelt angehoeren:
Blickt mich der andere wirklich spoettisch an oder bilde ich mir das nur ein
? War der Chef heute wirklich besonders kuehl mir gegenueber, hat er etwas
gegen mich, war er anders als sonst - oder meine ich das nur? Habe ich etwas
auffaelliges an mir, stimmt etwas nicht an mir, oder taeusche ich mich, das
mich die Leute so komisch ansehen? Diese Unsicherheit kann alle schwere Grade
annehmen, von immer wachen Misstrauen und krankhafter Eigenbezueglichkeit
bis zu wahnhaften Einbildungen und Wahrnehmungstaeuschungen, bei denen man
dann innen und aussen tatsaechlich verwechselt, ohne das die Verwechsung als
solche verkannt wird, weil man nun seine Projektionen fuer die Wirklichkeit
haelt man kann sich vorstellen, wie quaelend und zutiefst beunruehigend es
sein muss, wenn diese Unsicherheit ein Dauerzustand ist, vor allem, weil man
sie ja geradewegen des erwaehnten Mangels an Nahkontakt nicht korriegeren
kann. Den jemanden darueber zu befragen, ihn seine Unsicherheit und Angst
mitzuteilen, wuerde eine vertaute Naehe voraussetzen; da man diese zu niemanden
hat, glaubt man befuerchren zu muessen, nicht verstanden, verlacht oder gar
fuer verrueckt gehalten zu werden. Voller Misstrauen und aus tiefer Ungeborgenheit
heraus, die, wie wir noch sehen werden, so wohl primaer Urasche als auch sekundaer
Folge des mitmenschlichen Kontaktes ist, werden schizoide Menschen zur Sicherung
nun besonders stark die Funktionen der Wirklichkeit enwickeln, die ihnen zu
einer besseren Orientierung in der Welt zu verhelfen versprechen: Die Wahrnehmung
duchr die SInnesorgane, den erkennenden Intellekt, das Bewußtsein, die
Ratio. Dar sie besonders alles emotionale, gefuehlshafte verunsichert streben
sie die von Gefuehlen abgeloeste " reine Erkenntniss" an, die ihnen
Resultate zu liefern verspricht ausf die sie sich verlassen koennen. Man kann
schon hier verstehn, das sich schizoide Menschen sichvor allem den exakten
Wissenschaften zuwenden, die ihnen diese Sicherheit und Abgeloestheit vom
subjektiven Erleben vermitteln sollen. Gegenueber der Entwicklung dieser rationalen
Seite bleibt die des Gefuehlslebens zurueck; den darauf ist man auf ein du
einen Partner angewiesen, auf emotionale Bezogenheit ujnd Gefuehlsaustausch.
So ist es fuer diese Menschen charakteristisch, das sie, bei oft ueberdurchschnittlicher
Intelligenzentwicklung, im emotionalen zurueckgeblieben wirken; Das Gefuehlshafte
bleibt bei ihnen oft unterentwickelt, zu weilen verkuemmert. Das ergibt eine
breite Kontaktunsicherheit, die der Grund fuer unendlich viele Schwierigkeiten
im Alltagsleben bei hnen werden kann; Es fehlen ihnen die " Mitteltoene"
im mitmenschlichen Umgang, sie haben dafuer keine Nuancen verfuegbar, so das
ihnen schon einfachste Kontakte zum Problem werden koennen. Dafuer ein Beispiel
:
Im Rahmen seiner Ausbildung sollte ein Student ein Referat halten.